Struktur – Macht – Verantwortung: Wie lassen sie sich produktiv verbinden?

Strukturen hängen eng mit Machtverhältnissen und der Übernahme von Verantwortung zusammen. Das Zusammenspiel ist auch maßgeblich für das Klima in einem Unternehmen. Strukturen können demotivierende Effekte haben – oder die Vitalität und Resilienz im Unternehmen stärken. So gelten hierarchische Systeme immer noch als überlegen, ihre Nebenwirkungen werden aber bei weitem unterschätzt. Besonders das Thema Eigenverantwortung wird durch sie konterkariert.

Was ist nötig, um Eigenverantwortung in einer Organisation solide zu verankern? Eine Antwort gleich vorweg: ein gesundes Zusammenspiel von Menschen, Themen und Strukturen – mit einer gehörigen Portion Eigenmacht beim Individuum.

Doch der Reihe nach.

Hierarchie als dominante Grundstruktur aktueller Organisiertheit

Organisationen sind heute überwiegend hierarchisch strukturiert. Hierarchie drückt zunächst einmal verschiedene Machtbefugnisse auf verschiedenen Stufen aus, wobei sich die Machtfülle pyramidenartig nach oben hin zuspitzt.

"Das Phänomen der Hierarchie ist religiösen Ursprungs (aus dem griechischen zusammengesetzt aus ἱερός hieros („heilig“) und ἀρχή archē („Führung, Herrschaft“). Hierarchie ist mit dem Glauben an eine Ordnung verbunden, die auf einer stufenmäßige Über- und Unterordnung beruht, also auf Herrschaft und Unterwerfung aufbaut."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hierarchie

Hierarchisches Denken und davon abgeleitete Strukturen prägen seit Jahrtausenden menschliches Zusammenwirken. Es ist dermaßen tief in die Gesellschaften eingeschrieben, dass es oft gar nicht mehr auffällt. Die Glaubenssätze dahinter wirken ins individuelle, unternehmerische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Handeln hinein. Und ein Rütteln an ihren Dogmen kommt mitunter einem Sakrileg gleich.

Kaum eine Struktur kommt ohne Hierarchie aus: Sie findet sich in Familien, in Schulen, in Vereinen zur Organisation der Freizeit, in der Arbeitswelt, in der Gemeinde, in der Politik, im Staat, im Kulturwesen, in der Wirtschaft. Überall gibt es ein Oben und ein darunter. Was bedeutet das für das Miteinander und für das Thema Eigenverantwortung?

Das Menschen- und Weltbild formt die Struktur, in der wir leben.

Hierarchien sind immer wieder auch gesellschaftlichen Strömungen und Widerständen ausgesetzt, die z.B. mehr Partizipation, Kooperation, Autonomie oder Selbstorganisiertheit einfordern. In solchen Diskursen können starke Kräfte und mitunter scharfe Bruchlinien entstehen, wenn etwa „eine Basis“ gegen „die da Oben“ angeht. Das Phänomen der Hierarchie selbst bleibt dabei meist unangestastet.

Dabei könnte es in solchen Auseinandersetzungen immer auch um eine gemeinsame Weiterentwicklung friedlichen menschlichen Zusammenlebens gehen. Maßgeblich für den oft harten Verlauf von Konfliktlinien sind unterschiedliche Menschen- und Weltbilder über das optimale Zusammenwirken – im Kleinen wie im Großen.

Ein verbindendes Menschen- und Weltbild

Kontexten ist eine Kulturtechnik, die verschiedene Sichtweisen strukturell exzellent verbinden kann. Das geht deshalb, weil es selbst auf einem Menschen- und Weltbild fußt, „das nichts und niemanden einschließt und nichts und niemanden ausschließt.“ Dadurch kann individuelle und globale Transformation stattfinden ohne Gewinner und Verlierer zu produzieren. Niemand braucht sich beim Kontexten an einem bestimmten Lösungsbild festkrallen, alle können sich schrittweise in eine gemeinsame Richtung entwickeln. Niemand braucht ausgeschlossen zu werden, niemand muss eingeschlossen werden. Das spezielle Momentum, das beim Kontexten entsteht, hat universelle menschen- und weltenverbindende Qualität und kann Vielfalt sehr effektiv koordinieren.

Strukturen automatisieren und vereinfachen den Alltag

Idealerweise sind Strukturen dafür da, ein Thema in automatisierte Bahnen zu lenken und seine Umsetzung zu erleichtern. Nun ist Hierarchie ein Konstrukt, das Themen über Machtausübung vorantreibt. Und sie zeigt auch eine Tendenz widersprüchliche Positionen zuzuspitzen und zu taktieren. Will man jedoch Eigenverantwortung und echte Kooperation erreichen, braucht es andere Strukturen.

In jeder Strukturbaukompetenz liegt eine Entwicklungsmacht. Daher ist es hilfreich, einen genaueren Blick auf das Thema Macht zu werfen. Um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts lösen zu können, braucht auch ein anderes Verständnis von Macht – zumindest dann, wenn es friedlich abgehen soll. 

Macht = Eigenmacht + Fremdmacht.

Claudia Wagner hat bei der Entwicklung der Kulturtechnik Kontexten auch den Machtbegriff dekonstruiert und schreibt über die Macht:

„Jeder Mensch sammelt im Laufe seines Lebens Erfahrungen mit Macht. Der Mensch übt sie selber aus und er lässt sie auf sich einwirken. Macht ist ein wesentlicher Teil beim Treffen von Entscheidungen.
Kontexten unterscheidet zwischen Eigenmacht und Fremdmacht. Die Eigenmacht ist jene Macht, die der Mensch für sich und aus sich heraus ausübt. Die Fremdmacht ist jene Macht, die der Mensch über einen anderen Menschen ausdrückt.“
(Quelle: Kontexten, Verlag Rosa Zwetschke 2023)

Wofür ist Eigenmacht gut?

In der Psychologie, in vielen Therapieformen und der modernen Pädagogik ist es üblich, im Rahmen der Problembewältigung oder der Lösungssuche vorhandene Ressourcen zu aktivieren: Z.B. durch Fragen wie „Was liegt in Deiner Macht?“ oder „Was kannst Du selbst tun/ändern/beeinflussen? Kontexten definiert den Teil der Macht, den der Mensch für sich und aus sich heraus ausübt als „Eigenmacht“.

Wofür ist Fremdmacht gut? Wo kann sie hilfreich sein?

Fremdmacht ist jener Anteil an der Macht, der auf einen Menschen einwirkt. Es gibt Situationen, wo Fremdmacht sehr hilfreich sein kann, z.B. bei einem Notfall oder in der Krisenintervention, während der Entwicklung des Kindes bis zu einem gewissen Alter, wenn jemand einen Zebrastreifen überquert und ein herannahendes Auto nicht bemerkt.

Diese Unterscheidung in Eigenmacht und Fremdmacht schafft Eindeutigkeit im Umgang mit Macht und unterstützt ihre Regulation:

„Kontexten nutzt hier das Bild, dass jeder Mensch 100 % Macht hat. Mithilfe des Eigenmacht-Fremdmacht-Reglers kann der Mensch für sich sichtbar und erlebbar machen, wieviel Fremdmacht man einem anderen Menschen, einem Thema oder einer Struktur beimisst. Mit dem Regler erkennt der Mensch auch wieviel, wo und wie er selbst Eigenmacht ausübt.“
(Quelle: Kontexten)

Mit dem Eigenmacht-Fremdmacht-Regler hat der Mensch ein wirkungsvolles Werkzeug in der Hand, mit dem er sein Eigenmachtpotenzial ausbauen und kultivieren kann.

Verantwortung

Der Mensch trägt Verantwortung, weil er ein soziales und vernunftbegabtes Wesen ist und er andere Menschen für sein eigenes Überleben braucht. Es gehört zur Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen, dass der Mensch lernt, Verantwortung für sein eigenes Handeln (Eigenverantwortung) zu übernehmen und auch zu lernen, wie das geht, Verantwortung für andere, für das Ganze oder Teile davon zu übernehmen. Bei dieser Fähigkeit geht es darum, eigenes Handeln dahingehend einschätzen zu können, ob

  • es ihn selbst und andere schädigt oder
  • für ihn selbst und andere nützlich ist.

Diese Verantwortung erstreckt sich – aufgrund langfristiger Wirkungszusammenhänge – auch auf die uns nachfolgenden Generationen.

Die Verbindung von Verantwortung und Macht

Um Verantwortung übernehmen zu können braucht es entsprechende Macht. Man kann nur das verantworten, wozu man auch die Macht hat. Ein eigenmächtiger Mensch kann eigenverantwortlich handeln.

In einer Hierarchie sind Eigenmacht, Eigenverantwortung und Handeln nicht kongruent verbunden. Es entstehen strukturelle Schieflagen, die an anderer Stelle wieder ausgeglichen werden müssen. Ein Mensch, der bei einem Thema von Fremdmacht beherrscht ist, kann nur dann in ihrem Sinne Handeln, wenn er sich verbiegt.

Ein Machtakt über einen anderen Menschen kann – sobald man ihm Bedeutung beimisst – Widerstand hervorrufen oder in die Gefolgschaft führen. In einer Hierarchie wird Fremdmacht sehr routiniert ausgeübt und bedroht so ständig das Eigenmacht-Erleben aufgrund eines “Glaubens an eine heilige Ordnung von Herrschaft und Unterwerfung“ (vgl. hieros und archē).

Fremdmacht-Akte können starke Belastungen hervorrufen, die der Mensch in sich regulieren muss. Die Belastung kann sich auf verschiedene Arten zeigen, wie z.B. Resignation, Gleichgültigkeit, Frustration, Krankheit, Aggression, Unzufriedenheit, Ohnmachtsgefühle, Angst, innere Kündigung usw.

Tagtäglich ereignen sich unzählige Akte der Fremdmacht. Sie lenken das Handeln von Menschen auf eine Art und Weise, wie es ohne den Glauben an ein göttliches Prinzip der Über- und Unterordnung nicht stattfände. Menschen konstruieren für diese Art des Umgangs seit Jahrtausenden ein komplexes Gerüst von Thesen und Annahmen – das andere Menschen wiederum bereit sind, mitzutragen. Doch alles hat seinen Preis: Hierarchie funktioniert nur auf Kosten von Eigenmacht, Eigenverantwortung und Motivation.

Ein gewinnendes Zusammenspiel von dem alle was haben

Konnektive Unternehmensführung setzt konsequent auf das Eigenmachtpotenzial des Menschen. Aus ihm erwächst die persönliche Reife für echte, ehrliche und wirksame Kooperation. Dafür werden die speziell entwickelten Kontexten-Werkzeuge eingesetzt, die auf diesem Weg unterstützten. Jedes Erfahrungswissen bekommt so Platz und verbindet sich zu hochinnovativen Lösungen mit der Eigenmacht und Eigenverantwortung als Basis. Und diese Form des Miteinanders macht auch noch Spaß und wirkt motivierend.

Obwohl Kontexten im Grund eine einfache Kulturtechnik ist, braucht es die Bereitschaft, sich damit auseinander zu setzen und sich darauf einzulassen. Ob man das möchte, einen anfänglichen Mehraufwand zu betreiben, kann nur jeder für sich selbst entscheiden.

Fazit: Effekte der Konnektiven Unternehmensführung

Die Erfahrungen zeigen, dass Konnektive Unternehmensführung zu einer Vielzahl von Effekten führt, allem voran, dass sich ausgehend vom aktuellen Kontext Menschen und Unternehmen evolutionär, friedlich und miteinander weiterentwickeln können:

  • Struktur, Macht und Verantwortung entwickeln sich in einer ausgewogenen Balance zueinander und nutzen vorhandenen Ressourcen optimal.
  • Kooperative Strukturen entstehen organisch durch das Miteinander von Menschen, die aus ihrem Eigenmachtpotenzial heraus handeln. Das leitende Prinzip lautet „Autonomie in Kooperation“.
  • Autonomie, Eigenmacht und Eigenverantwortung entwickeln sich kongruent und stimmig im Menschen selbst weiter. Die Würde des Menschen wird strukturell nicht angetastet.
  • Entscheidungen werden im Konsent getroffen und nutzen so das Eigenmacht-Potenzial des Menschen optimal. Über den Konsent wird das Eigenmacht-Erleben im Alltag geübt und verankert.
  • Eigenmachtkompetenz unterstützt Motivation, Engagement und Kommitment.
  • Der Kreis ist das Basiselement der Organisiertheit, er garantiert die Gleichwertigkeit aller Beteiligten.
  • Mehrere Kreise – jeder mit einem eigenen Thema, einer eigenen Domain und einem eigenen Auftrag – können sich verbinden und teilen – analog zu den Zellen in einem lebenden Organismus.
  • Die Strukturbautechnik des Kontextens ermöglicht universelle Personal- und Organisationsentwicklung rund um ein Thema, das angegangen werden soll. So werden Menschen, Themen und Strukturen kongruent verbunden.
  • Macht ist in einem solchen lebendigen System zu jedem Zeitpunkt genau richtig verteilt, weil sich die Eigenverantwortung des Menschen und die Verantwortung für das Ganze optimal verbinden.
  • In kontextenden Strukturen reduzieren sich die Widerstände und Reibungsverluste automatisch und auf sie einströmenden Informationen werden optimal verarbeitet.
KLINGT InteressANT?

Dann lohnt sich vielleicht auch ein Blick auf unsere FAQ’s oder das MatchingDie positiven Effekte in der Konnektiven Unternehmensführung sind so vielfältig und umfangreich und für viele Menschen – nach den ersten eigenen Erfahrungen  oft erstaunlich. 

Erfahrung schafft Wirklichkeit. Vielleicht ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, sich einen eigenen Erfahrungsraum für’s Kontexten zu gönnen?

Günter Strobl

Kontexter

Auch im Laufe seines Lebens hat Günter viele Erfahrungen mit Macht sammeln können. Er hat sie selber ausgeübt und auf sich einwirken lassen. Macht ist ein wesentlicher Teil beim Treffen von Entscheidungen – in seinem Fall hat er sich für das Kontexten entschieden und dafür, es möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.

Veröffentlicht: 6. Oktober 2023